Die Doppelmoral unserer “Werte-Gemeinschaft”
Samstag morgen, irgendwo in Thüringen
Frühstückszeit. Ich sass in meiner von der Morgensonne durchfluteten Küche, die Beine überkreuzt. Im Kopf ging ich anstehende Aufgaben durch, die ich heute noch zu erledigen hatte. Neben mir der fair gehandelte Kaffee mit veganer Milch. Vor mir eine Schreibe Vollkornbrot. Selbst geschmiert! Eine rote, duftende Rose von jemanden, der hier nicht genannt werden möchte, rundete das Ensemble meines Frühstückstisches ab.
Ich griff beherzt nach der neuesten Ausgabe vom „Meininger Tagesblatt“ , Samstag/Sonntag – 16./17. September 2023. Diese Zeitung brachte morgens ein schlecht bezahlter Zeitungsausträger auf seinem Fahrrad. Er klingelte an der Tür und lächelte freundlich. Ich überlegte kurz, wer älter war, der Austräger oder das Fahrrad. Undefinierbar, älteres Modell. Ein langgezogener Seufzer und ich schlurfte damit hinein. Entspannt blätterte ich durch die üblichen, belanglosen Themen des Tages: „Mehrheit findet Klimaproteste gut.“, „Kitareform: CDU signalisiert Ablehnung“, „Nasenhaare zählen und Kacke untersuchen“, was man halt so braucht und wissen muss.
Ich wollte die Zeitung gerade wieder weglegen, aber da! Mein Blick fiel auf eine Schlagzeile: „Tierschächter muss ins Gefängnis“ Der Artikel war von der Nachrichtenagentur dpa. Er beschrieb die Zustände in einem Schlachthof in NRW, wo Rinder und Schafe unter Qualen geschlachtet wurden. Ich verzog das Gesicht. Die mindestens 188 Tiere wurden dort von 3 Männern rituell geschächtet. Ohne Betäubung wurden die ca. 500 bis 700 Kilo schweren Rinder mit einem Schnitt in die Kehle zum ausbluten an einem Bein an die Decke gehängt. Die Schafe wurden nach dem Schnitt in den Hals, ohne Betäubung auf einen Haufen geworfen. Schafs-Körper, gestapelt und würdelos hingeworfen. „Die Tiere haben aufs härteste gelitten,“ sagte der Richter, nachdem er die Tierquälervideos angeschaut hatte.
Zum Tierwohl gehört ein schmerzloser Tod
Schächten ist das rituelle Schlachten, insbesondere im Judentum und im Islam. Den Schlachttieren werden mit einem speziellen Messer, welches äußerst scharf sein muss, durch einen präzisen Schnitt, quer durch die Halsunterseite, (die großen Blutgefäße sowie Luft- und Speiseröhre werden durchtrennt) getötet. Diese Form der Tötung erfordert besonders Fachwissen und Können.
„Auschwitz fängt da an, wo einer in einem Schlachthof steht und sagt, es sind ja nur Tiere“, sagte einst Theodor W. Adorno (1903–1969) Philosoph und Soziologe.
Der 54 jährige Haupttäter erklärte in der Verhandlung, dass er diese rituelle Abschlachtung von früher aus der Türkei kannte, stand weiter in dem Artikel der TA. Das Fleisch der Tiere wurde in Geschäften in Dortmund gewinnbringend verkauft. Durch das Video, welches Tierschützer vorgelegt hatten, wurde die Missetat aufgedeckt und belegt. Es kam zum Prozess. Die 3 Täter waren geständig und der Haupttäter wurde zu 2 Jahren Haft verurteilt. Seine 2 Söhne bekamen Bewährungsstrafen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Ich schob meinen Kaffee weg und sah angewidert auf mein Brot. Wissen ist noch lange nicht begreifen! Ich war fassungslos.
Auf der Internetseite des n-tv am 15.09.2023 wurde ebenfalls darüber berichtet: “Es war ganz furchtbar”: 54-Jähriger schächtet 188 Tiere qualvoll – n-tv.de Ergänzend fand ich am Ende des Artikels bei n-tv.de folgenden Zusatz. Ich zitiere: „Ein 28-Jähriger trat vor Gericht als Zeuge auf und gab zu, die Kameras in dem Betrieb installiert zu haben. Ihm droht nun von Amts wegen ein Verfahren unter anderem wegen Hausfriedensbruchs.“ Zitat ende.
Dem Couragierten jungen Mann, der den Mut hatte, diese Missstände ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, droht jetzt auch noch eine Anzeige oder ein Strafverfahren.
Aber dem Ärger zum Trotz, freute ich mich mal über eine ausgewogene Berichterstattung.
Tierrechte?
Tiere haben Rechte. Grundsätzlich ist in Deutschland der Schutz der Tiere seit 2002 als Staatsziel in Artikel 20a des Grundgesetzes festgelegt. Allgemeine Anforderungen zum Tierschutz sind im Tierschutzgesetz festgeschrieben, während die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung für die Haltung eines Großteils der Nutztiere detaillierte Vorschriften enthält. Z.B. Vorschriften zur Zucht, Tierhaltung und Schlachtung.
Betäubungsloses Schlachten ist Tierquälerei!
Unser Tierschutzgesetz bzw. die Tierschutzschlachtverordnung definiert verschiedene Straftatbestände wie Tierquälerei oder willkürliche und grundlose Tötung eines Tieres. Ebenfalls ist es in Deutschland verboten, ein Tier ohne Betäubung zu schlachten. So sollte es sein. So ist es aber nicht. Denn Menschen, denen ihr Glaube das Schächten von Tieren „zwingend vorschreibt“, können bei der zuständigen Behörde eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Schließlich hat man Rechte! Bei dieser Tierquälerei leiden die Tiere dann unter erheblichen Schmerzen, Atemnot und Todesangst. Der “genehmigte” Todeskampf kann bis zu 30 Minuten andauern und endet erst, wenn sie verblutet sind. Paradox!!! Die Menschen, die sowas durchführen, sind Straftäter.
Bei genauerem Hinsehen bemerkt nun sicherlich auch der Letzte, die sich entwickelnden Schattenwelten, Grauzonen und Parallelstrukturen. Welche Mitten unter uns sind. Jetzt und Hier, Deutschland 2023. Verbrechen an Tieren sind Verbrechen an Tieren, auch wenn man über sie ein religiöses Deckmäntelchen hängt. Das zweierlei Maß unsere Gesellschaft zerstört, wissen wir nicht erst seit gestern.
Was nutzt es, wenn sich viele Bauern oder fast alle Bauern und namenhafte Supermarktketten, um mehr Tierwohl bemühen. Wenn unter der Oberfläche, im Verborgenen, so etwas, wie diese Schreckenstat geschehen kann?
Wunsch und Wirklichkeit klaffen hier weit auseinander.
Tierrechte und Tierwürde sind nur ein frommer Wunsch, eine Idealvorstellung, die vielleicht irgendwann mal verwirklicht wird. Von irgendwem, in ferner Zukunft. Die deutsche Justiz sollte sich mehr bemühen, um ihren eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Welche Legitimation hat ein Staat überhaupt noch, dessen Verfassungsorgane die eigenen Gesetze nicht respektieren?
Die hier geschilderten Tatsachen sind alles andere als Fake News. Schon Immanuel Kant sagte zu Lebzeiten, dass jeder sich seine eigene Meinung bilden und selber nachdenken soll: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
Habt Mut! Tut es!
Wundert euch nicht, wenn auch diese hier geschilderten Sachverhalte, bei manchen Leuten, Einfluss auf die Wahlentscheidung bei den anstehenden Wahlen haben werden. Nicht gewusst? Jetzt schon! Gerne, nicht dafür!
Viele Grüße, Eure Lissy
PS: An die Lebend-Vieh-Transporte, auf alten klapprigen Schiffen, die in den nahen Osten schippern, möchte ich gar nicht erst denken müssen, die auch noch von der EU subventioniert werden. Auch das ist nur die Wahrheit. Sowas wird aber gern dezent weggefiltert.
Ein Kommentar
tom
Und du glaubst ernsthaft das Wahlen etwas ändern?